Donnerstag, 2. Juli 2009

Religionen



Mir ist aufgefallen, dass religiöse Gruppen in Medien und Literatur meistens als aggressiv dargestellt werden. Auf den ersten Blick paradox, weil Religion doch eigentlich dazu da ist, inneren Frieden zu stiften.

Also warum kann etwas, was eigentlich inneren Frieden stiften soll, so aggressiv sein und uns Glaubenskriege und krasseste Meinungsverschiedenheiten bescheren?


Weil die Religion ein schwer zu fassendes, facettenreiches Konstrukt ist. Der innere Frieden ist nur die Spitze des Eisbergs der Aufgaben, die sie übernimmt. Und eigentlich soll sie gar keinen Frieden stiften, sondern Menschen polarisieren.

ich beschreibe im Folgenden meine Vorstellung, wie Religionen entstanden sein könnten. Stellen wir uns eine kleine religiöse Gruppe von Menschen vor, die, sagen wir, vor zehntausend Jahren irgendwo in der Steppe wohnten.

Es gab "uns hier drin" und "die da draußen". Wir hier drin sind die guten, alle anderen die Bösen. Hat für die Chefs der Gruppe den Vorteil, ganz klar die Guten von den Bösen unterscheiden zu können und gibt ihnen ein effizientes Mittel in die Hand, Außenseiter zu stigmatisieren. Das hat jahrtausendelang funktioniert. (Häretiker! Du nimmst unsere Lehre nicht an? Brenne, Ketzer!) So hält man seine Schafe zusammen und grenzt sich gegen Feinde und Außenseiter ab.

Nehmen wir an, wir haben ein kleines Dorf, das in sich durch seine Religion geeint ist. In der menschlichen Natur liegt die Expansion, also wird unser kleines Dorf expandieren und die umliegenden Dörfer durch Krieg, Überzeugung, Handel und Missionierung in seine eigene Struktur eingliedern. Wer die Regeln, transportiert durch das Medium Religion, nicht annimmt wird ausgeschlossen, unterdrückt und umgebracht - also irgendwie neutralisiert.

Von außen betrachtet haben wir also eine Gruppe, die in sich geschlossen ist und expandieren will. Von innen betrachtet, aus der Sicht des gemeinen Dorfbewohners, haben wir eine feste Gemeinschaft. Der Dorfbewohner fühlt sich wohl, weil seine Nachbarn und Kumpels sein Gedankengut teilen, den selben Gott verehren, er sieht alle regelmäßig im Tempel, betreibt soziale Interaktion und fühlt sich in der Gruppe einfach wohl. Das ist ein Aspekt von Religion. Alle machen es, ich bin Teil einer großen Gruppe.

Religiöse Gruppen waren in der Regel fremdenfeindlich - ist ja klar, weil die Regeln und Rituale eben deswegen aufgestellt wurden, um zu einen und sich anzugrenzen. Diesem Mechanismus wohnt inne, dass alle außerhalb der Gruppe schief angesehen bis gehasst werden. Die anderen wollen uns vielleicht unser Land wegnehmen, uns erobern oder heimlich in unseren Tankstellen einkaufen gehen.


Ich fasse zusammen, Religion ist ein Konzept, das von innen vereint und nach außen abschottet und verteidigt. (Wen das nicht überzeugt, der sollte einfach mal ein bisschen in Exodus lesen) Nun ist es aber offensichtlich so, dass es in vielen heutigen Religionsgemeinschaften sehr viel ruhiger und toleranter zugeht als der Text hier unterstellt.

Warum das denn? Wo ist der Punkt, der es den Menschen heutzutage erlaubt, zu glauben und trotzdem tolerant zu sein?

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