Montag, 27. Oktober 2008

Lesefrust - Bücherkultur im Schatten von "Fucking Berlin"



Es gab eine Zeit, da ist man in den Bücherladen gegangen, mit einem Gefühl der freudigen Erwartung; man hatte etwas Geld dabei, von dem ein bestimmter Teil dafür bestimmt war, im Bücherladen zu bleiben.
Man ging durch die Regale, auf der Suche nach Schätzen.


Einige Autoren kannte man, andere wurden einem empfohlen.
Man ging durch die Regale, den Kopf voller "Okay, ich hab 50 Euro. Wenn ich mir jetzt zwei Bücher kaufe, dann bin ich eine ganze Weile beschäftigt, eins kauf ich mir, um meine Preston/Child-Reihe zu vervollständigen, und dann gibts hier noch ein ganzes Regal mit wirklich interessant klingender Science-Fiction, hm...
Nehm ich das und das, oder das da, aber Lovecraft würde ich gern mal wieder lesen, und das da klingt wirklich spannend, verdammt.
Okay, 20 Euro für Bücher, schließlich muss ich diesen Monat noch was essen, kann nicht mein ganzes Geld für Bücher ausgeben..."
Letzendlich ging man mit 4 Büchern statt 2 raus, freudestrahlend, in Erwartung der guten Unterhaltung und Geschichten, die einen erwarteten....

Und heute? Die Bücherreihen, die man damals vervollständigt hat, sind vollkommen. Die stehen alle im Schrank, die guten mehrfach durchgelesen.
Das Science-Fiction-Regal? Diejenigen, die man kennt, hat man, die anderen klingen wie schlechte Aufgüsse ehemals sehr guter Ideen.
Vom Fantasy-Regal garnicht zu sprechen. "Die Elfen, die Zwerge, die Orks, die Trolle, Elfenfrisör, der Kautabak der Zwerge, der Mundgeruch der Orks"

Noch schlimmer wirds in der Biographie-Sektion. "Der Sklaverei entronnen", "Fünfzig Jahre mißbraucht, eine Frau erzählt" "Wie ich Saddams Terror entkam" und das gefühlte dreißigste "Darum bin ich eigentlich ein Held" von Dieter Bohlen.

Historische Bücher? "Die Wanderhure", "Die Hebamme", "Lauf, Jayne Lauf", Unterdrückung, Mißbrauch, Ungerechtigkeit, von Frauen für Frauen, im Taschenbuchforman für 9,80€.

Die letzten 3-4 Male, die ich mich in einen Buchladen getraut habe, waren niederschmetternd, entmutigend und ziemlich deprimierend. Wenn ich mich an einen neuen Autor herantraue, werde ich durch lapidare Handlung, plumpe Ideen und unspektakuläre Dialoge gelangweilt.

Die Freunde, die auch gern lesen, haben nichts mehr auf Lager, die Autoren, die man zu schätzen gelernt haben, schweigen sich aus.
Terry Pratchett - schweigt.
Douglas Adams - tot.
Dan Simmons - schweigt.
Alastair Reynolds - schweigt.
Frank Schätzing - schweigt. Aber verdammt gute Bücher hat der geschrieben, der Mann.
Preston/Child sind noch recht produktiv, aber ich hab alle, die derzeit draußen sind, schon gelesen.
Stephen Baxter ist mir zu blutrünstig (Obwohl ich jedem lernbegierigen, geistig gefestigten Menschen das Buch "Evolution" ans Herz legen kann. Wer sich von Blutrünstigkeit und Grausamkeit aus der Bahn werfen lässt sollte das Buch jedoch meiden).

Einmal bin ich ins kalte Wasser gesprungen und hab mir das Buch "der Mastercode" gekauft, von Scott McBain. Sowas ist mir noch nicht passiert, aber denkwürdig ist es allemal:
Die Freaks von Verlegern haben wirklich jede interessante Wendung, die die Story im Verlauf des Buchs nimmt, im Klappentext zusammengefasst. Wirklich, am Ende schlägt man das Buch zu und fragt sich "Hm. Und? Stand doch schon hinten drauf." Man braucht das Buch nicht lesen, kurz den Klappentext überfliegen reicht. Steht alles drauf.

Kurz gesagt, ich bin deprimiert. Und diese ganzen Mißbrauchs-Romane und "wahren Geschichten", plus das momentan angepriesene "Fucking Berlin", welches die Geschichte einer Studenten-Hure erzählt, kühlen die Anziehungskraft von Buchhandlungen merklich ab.

Wo sind sie hin, die großen Geschichtenschreiber? Schreibt mal was, ich bezahl gerne Geld dafür.

1 Kommentar:

  1. Gehört zwar wohl auch eher in die Kategorie "Historische Bücher, von Frauen für Frauen", aber "Feuer und Stein" & die weiteren fünf Bände (demnächst sechs :) ) sowie die Spinoffs von Diana Gabaldon find' ich gut. Da kannst ein bissl reinschnuppern: http://www.bookwormslair.de/gabaldon_diana.htm

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